Schleizer Dreieck: Moritz Palm gelingt Überraschungsangriff
Im Stile eines Finisseurs gewinnt Strassacker-Kapitän Moritz Palm den vierten Lauf des German Cycling Cup am Schleizer Dreieck. Mit einem überraschenden Antritt an der letzten Welle vor dem Ziel krönt er eine starke Teamleistung von Strassacker – und macht zugleich wichtige Punkte in der GCC-Gesamtwertung gut.
Von Fabian Thiele
Inmitten der malerischen Hügel des thüringischen Vogtlandes traf sich am Wochenende die deutsche Jedermannrennszene zum vierten Lauf im German Cycling Cup: Auf der Naturrennstrecke des Schleizer Dreiecks ging es um Punkte in der größten deutschen Radrennserie. Auf dem ältesten Straßenrundkurs Deutschlands, auf dem vor 99 Jahren das erste Autorennen stattfand, wartete eine anspruchsvolle Prüfung auf die knapp 400 Starter: Die 7,6 Kilometer lange Rundstrecke ist geprägt von perfekt asphaltierten, breiten Straßen und mehreren knackigen Steigungen. Scharfrichter war ein 700 Meter langer Stich in der Mitte des Kurses, der insgesamt 16 Mal zu fahren war. In Summe warten auf den 122 Kilometern Renndistanz rund 1900 Höhenmeter.
Tags zuvor startete das Rennwochenende bereits erfolgreich für unser Team: Beim “Bembelcrit” auf der Frankfurter Eurobike gelang unserem Duo Moritz Palm und Ben Witt ein Doppelsieg im Rundstreckenrennen um die Frankfurter Messe. Dahinter konnten auch Joscha Weber und ich mich unter den besten Acht platzieren. Die Beine für Schleiz stimmten also schon mal.
Ins Rennen in Schleiz starteten wir am frühen Sonntag leider nicht in Bestbesetzung: Krankheitsbedingt fehlten einige unserer Fahrer, die Konkurrenz war zahlenmäßig stärker vertreten. Trotzdem wollten wir das Rennen schwer machen und unsere Stärke am Berg ausspielen. Anderes galt für die mit zwölf Mann nominell stärkste Mannschaft am Start, das Team Leeze, die sich offenbar ein eher langsames Rennen wünschten, um möglichst viele ihrer schnellen Fahrer ins Finale zu bringen. Die Verantwortung das Rennen zu machen, lag also einmal mehr auf unseren Schultern. Die erste Rennstunde wurde zügig, aber kontrolliert absolviert, wobei Daniel Novak, Jannik Wüster, Lukas Klöckner und Ben Witt unsere Farben an der Spitze des Feldes vertraten. Attacken gab es in dieser frühen Rennphase eher selten, das Feld reagierte stets aufmerksam. So erging es auch Luca Wittrock, dessen Solovorstoß vom Team Leeze schnell vereitelt wurde. Es entwickelte sich also ein Abnutzungsrennen, in dem sich das Feld nach und nach vor allem am Anstieg ausdünnte.
Etwa zur Halbzeit wollten wir das Rennen schwerer machen. Wir setzten uns also an die Spitze des Feldes und fuhren den oben angesprochenen Stich mehrere Runden in Folge in hohem Tempo, um unsere Konkurrenten zu zermürben. Doch die Taktik sollte erstmal nicht aufgehen, denn insbesondere Team Leeze schien von unserem Tempodiktat überhaupt nicht beeindruckt und war zahlenmäßig immer noch stark vertreten. Im Nachhinein war der Kurs hier wohl ein wenig zu leicht für unsere Zwecke. Denn bis auf den knapp zwei Minuten langen Anstieg konnten sich die meisten Fahrer während des Rests der Runde immer wieder mehr oder weniger erholen und dadurch stets relativ frisch in den Berg fahren.
Dann eben mit der Brechstange: Roadcaptain Joscha Weber schlängelte sich durch das Feld und erläuterte uns den Plan, fünf Runden vor Schluss in die Offensive zu gehen. Angeführt von Jannik und Joscha fuhr der Zug in Celeste mit Vollgas in den Stich und dann attackierten Moritz und ich. In Einzelteilen kam das Rennen über die Kuppe. Moritz war mit zwei Fahrern vorne raus, ich in einer etwa zehn Fahrer großen Gruppe einige Sekunden dahinter und ebenfalls in Schlagdistanz noch Lukas Klöckner, Phil Peitzmeier und Ben Witt. Doch an der Spitze wollte außer Moritz wohl niemand so richtig fahren, zudem war Team Leeze ganz vorne nicht dabei und so rollten die vorderen Grüppchen wieder zusammen. Mit 25 Fahrern ging es ins Finale.
Ab hier blieb das Tempo immer hoch und insbesondere der Anstieg wurde jedes Mal mit Druck gefahren. So vergingen drei weitere Runden bis wir schließlich auf die letzte Runde einbogen – es zeichnete sich ein großer Showdown am letzten Berg ab. Moritz klagte zuvor über Krämpfe und so verzichteten wir darauf, erneut eine Attacke für ihn vorzubereiten. Stattdessen war es Felix Schwebe vom Team Deutsche Kinderkrebsstiftung, der mit einem gewaltigen Antritt die Gruppe sprengte. Doch keine Spur von Krämpfen, Moritz sprang sofort ans Hinterrad und nach dem letzten Anstieg lag eine Gruppe von etwa zehn Fahrern in Front, darunter neben Moritz auch mehrere Fahrer vom Team Leeze. Doch auch diese Gruppe harmonierte nicht optimal und so konnten noch einmal etwa fünf weitere Fahrer, darunter Lukas und ich den Anschluss herstellen.
Alles schien also auf den Sprint einer kleinen Gruppe hinauszulaufen mit dem Träger des Gelben Trikots, Patrick Altefrohne vom Team Leeze, als Siegkandidat Nummer eins. Dessen verbliebene fünf Teamkollegen übernahmen dann auch die Tempoarbeit. Doch an der allerletzten Welle 500 Meter vor dem Ziel schien Leeze plötzlich doch die Anstrengungen des Rennens zu spüren. Das Tempo sackte minimal ab und Moritz ergriff die sich bietende Möglichkeit beim Schopf: Von der fünften Position im Feld aus lancierte er eine fulminante Attacke und erwischte alle auf dem falschen Fuß. Ehe irgendjemand überhaupt so ganz verstand, was gerade passierte, hatte Moritz eine Lücke von 50 Metern gerissen und fuhr auf die Zielgerade. Bei den Verfolgern herrschte Chaos und so rettete Moritz tatsächlich exakt eine Sekunde Vorsprung vor den sprintenden Verfolgern ins Ziel. Ein großartiger Erfolg und das Resultat harter Arbeit der ganzen Mannschaft und der individuellen Klasse unseres Leaders.
Etwas behindert durch einen beinahe-Sturz eines anderen Fahrers kurz vor dem Ziel kamen Lukas und ich auf den Rängen 16 und acht ins Ziel. Leider mussten Phil und Ben der Führungsarbeit Tribut zollen und überstanden den letzten Berg nicht in der ersten Gruppe. So komplettierte Phil als 21. die für die Teamwertung entscheidenden vier Fahrer der Mannschaft und wir mussten dort Leeze und dem siegreichen Team Sebamed den Vortritt lassen. Die Führung in der GCC-Teamwertung konnten wir dennoch verteidigen. In der Gesamt-Einzelwertung liegt Patrick Altefrohne (Leeze) weiter in Front, berücksichtigt man jedoch die im GCC üblichen Streichergebnisse, pirscht sich Moritz mit großen Schritten heran.
Schon am kommenden Samstag steht mit Rad am Ring das nächste und längste Rennen in der GCC-Serie auf dem Programm, das unserem Team mit zahlreichen Höhenmetern und langen Anstiegen liegen sollte. Dort gilt es, das Momentum zu nutzen und weiter Boden auf die Konkurrenz gut zu machen.