Rad am Ring: Strassacker überzeugt mit Vierfach-Sieg
Nürburg. Kult-Event, Radsportfestival und knallharter Formtest: Rad am Ring ist 20 Jahre nach der Gründung ein echter Klassiker im deutschen Radsport – und feierte zum Jubiläum mit 9665 Startern einen Teilnehmerrekord. Auch Team Strassacker durfte feiern: insgesamt vier Siege im 150-Kilometer sowie im 24-Stunden-Rennen.
Von Moritz Palm
Die Vorfreude auf das wohl anspruchsvollste deutschen Jedermannrennen war groß in unserem Team, denn harte Rennen liegen uns. Über insgesamt sechs Runden galt es 150 Kilometer und knapp 3400 Höhenmeter zu bewältigen. Am langen Anstieg hinauf zur Hohen Acht konnten wir das Rennen zu unseren Gunsten entscheiden: Jael Heinrich gewann bei den Frauen und Moritz Beinlich bei den Männern, in der Teamwertung belegte unser Team die Plätze 1 und 2. Aber damit nicht genug: Ultra-Athlet Daniel Novak sicherte sich einen sensationellen Sieg als Solist im 24-Stunden-Rennen - die Grüne Hölle bleibt damit auch im Jahr 2023 ein gutes Pflaster für unser Team.
Nach der knappen Niederlage im Vorjahr, bei der Timo Dahlheimer und ich (Moritz Palm) uns als Zweiter und Dritter noch der belgischen Konkurrenz des Unlimited Cycling Teams geschlagen geben mussten, wollten wir dieses Jahr unbedingt den Sieg einfahren. Von Beginn an diktierten wir daher das Tempo und kontrollierten so das Renngeschehen. In Runde zwei verkleinerten wir das Feld mit erhöhtem Tempo an der Hohen Acht, als Phil Peitzmeier das Gas stehen ließ. Eingangs der vierten Runde war so nur noch ein kleines Hauptfeld von ca. 30 Fahrern zusammen, das den rennentscheidenden Anstieg zur Hohen Acht in Angriff nahm.
Dort attackierten Fabian Thiele und Jonas Kahler, doch ihr Vorstoß wurde von der Konkurrenz neutralisiert. Dann war es der spätere Sieger des Rennens, Moritz Beinlich, der früh in die Attacke ging und das verbliebene Feld in seine Einzelteile zerlegte. Infolge dieser Tempoverschärfung etablierte sich im Anstieg eine vierköpfige Spitzengruppe mit mir (Moritz Palm), Moritz Beinlich und zwei belgischen Fahrern.
Die Zusammenarbeit in der Spitzengruppe lief zwar nicht besonders harmonisch, da unsere windscheuen Mitstreiter jede zweite Führung ausließen. Dennoch konnten Moritz und ich schnell einen stabilen zweiminütigen Vorsprung auf die Verfolgergruppe ausbauen. Im Folgenden, fünften Anstieg zur Hohen Acht musste ich zunächst reißen lassen, konnte aber in der Abfahrt nochmal zur dreiköpfigen Spitzengruppe aufschließen. Im flacheren Teil der letzten Runde ging ich direkt in die Attacke, um unsere Mitstreiter in die Nachführarbeit zu zwingen. Leider - so erfuhr ich es später im Ziel - wurde mein Vorstoß letztlich durch die Nachführarbeit von zwei Fahrern eines 24-Stunden-Teams vereitelt. Das 24-Stunden-Rennen läuft am Nürburgring gleichzeitig zum 150-Kilometer-Rennen.
Im letzten Anstieg zur Hohen Acht war für mich nach meinem Soloritt schnell Feierabend, Moritz aber drehte erst so richtig auf und konnte sich mit einer Attacke von seinen verbliebenen Begleitern lösen. Mit ca. 30 Sekunden Vorsprung überquerte er die Kuppe und fuhr schließlich mit einem ungefährdeten Solo-Sieg über den Zielstrich, während ich mich noch als 4. vor dem herannahenden Verfolgerfeld ins Ziel rettete. Mit den Plätzen 7 bis 9 komplettierten Jonas Brzenczek, Nils Kessler und Jonas Kahler das tolle Mannschaftsergebnis. Jael Heinrich wusste ihre tolle Bergform aus der Tour Trans-Alp auch in der Eifel unter Beweis zu stellen: mit einem Vorsprung von knapp 20 Minuten auf ihre nächste Verfolgerin, dominierte sie das Rennen am Ring und durchquerte nach 4:26 Stunden den Zielbogen.
Unterdessen war Daniel Novak noch ganz am Anfang seines persönlichen Jahreshighlights und hatte bei unserer Zielankunft noch 18 Stunden an Fahrzeit vor sich. Nachdem er sein Können im Vorjahr bereits mit dem Sieg in seiner Altersklasse unter Beweis gestellt hatte, folgte in diesem Jahr der überlegene Sieg in der Gesamtwertung. In 22:09 Stunden absolvierte er 678,6 Kilometer bzw. 26 Runden durch die Grüne Hölle - eine Leistung, die auch uns Teamkollegen staunen lässt! Nicht unerwähnt kann an dieser Stelle die unermüdliche Arbeit im Wind durch Teamkollege Lukas Klöckner bleiben, der damit einen großen Teil zu Daniels Einzelsieg beigetragen hat. Leider wurde das 24-Stunden-Rennen wegen eines Sturzes vorzeitig abgebrochen – wir wünschen dem gestürzten Fahrer eine schnelle Genesung!
Und einer konnte gar nicht genug bekommen von der Hohen Acht: Unser Sieger des 150km-Rennens Moritz Beinlich wechselte nach der Siegerehrung noch schnell ins Trikot der Ledschends und feierte nach einer langen Nacht gemeinsam mit Straßenprofi Roger Kluge, Dominic Aigner und Christoff van Heeren auch noch den Sieg im 24h-Rennen in der Kategorie der 4er-Teams. Manch einer hat wohl größere Kohlenhydratspeicher als andere…
So blickt das Team Strassacker wieder einmal auf ein rundum gelungenes Wochenende am Ring mit toller Stimmung und echter Festival-Atmosphäre zurück. Allerdings erlebten wir in unseren Rennen auch einige brenzlige Situationen. Mit dem Teilnehmerrekord wurde die Kapazität der Strecke aus- und überreizt – es war an einigen Stellen einfach zu voll. Das führte zu brenzligen Situationen zwischen langsameren 24-Stunden-Fahrern und dem deutlich schnelleren 150-Kilometer-Feld. Die Vielzahl an Stürzen - bei erreichten Geschwindigkeiten von über 100 km/h - und die schier unendliche Anzahl an „Beinahe-Stürzen“ war für uns ein Indiz, dass schlicht zu viele Teilnehmer verschiedener Renn- und Leistungskategorien parallel auf der Strecke unterwegs waren. Notwendige Sicherheitsvorkehrungen wie etwa Führungsfahrzeuge, die wenigstens den linken Fahrbahnrand freihalten könnten, waren zumindest nicht durchgängig präsent. Dies sorgt im Fahrerfeld für Kritik und wir hoffen, dass hier im nächsten Jahr im Sinne eines sicheren und fairen Wettbewerbs gegengesteuert wird.
Für uns geht es bereits am nächsten Wochenende nach Schottland: Mit der UCI-Granfondo-Weltmeisterschaft in Perth steht das absolute Highlight der zweiten Saisonhälfte auf dem Programm. Wir werden berichten…