Riderman: Hauptgewinn verpasst, aber mehr als ein Trostpreis
Früher als sonst stand am vergangenen Wochenende mit dem Riderman schon das letzte Rennen der Saison 2024 für das Team Strassacker an. Zum Abschluss dreier aufeinander-folgender Rennwochenenden im Spätsommer konnten die Männer in Celeste nochmals zwei Tagessiege und die Ränge zwei und drei im Gesamtklassement verbuchen. Auch wenn man auf dem obersten Treppchen erneut einem stärkeren Fahrer den Vortritt lassen musste, kann das Etappenrennen im Schwarzwald trotzdem als Erfolg verbucht werden.
Von Fabian Thiele
Der Riderman wartete dieses Jahr mit dem klassischen Dreiklang aus Einzelzeitfahren am Freitag, einer schweren Etappe am Samstag und einer etwas leichteren Schlussetappe am Sonntag auf. Während das Zeitfahren auf bekannten Pfaden wandelte, wurden die Kurse am Wochenende wegen Straßensperrungen im Vergleich zu den letzten drei Jahren angepasst und gerade der Samstag deutlich entschärft. Hier fehlten nun die längeren Berge, die bei den vergangenen Editi-onen stets für Abstände und ein sehr selektives Rennen gesorgt hatten. Auf dem Papier kam uns die Streckenänderung entgegen, weil sie die Vorteile eines starken Teams noch mehr zur Entfal-tung bringen sollte. In Abwesenheit des Dominators der Vorjahre Marcel Wyss hatten wir mit Blick auf die Startliste Stefan Kirchmair aus Österreich als größten Konkurrenten ausgemacht.
Etappe 1: Gute Ausgangsposition nach dem Zeitfahren
Das Einzelzeitfahren bestätigte diesen Eindruck. Moritz Palm und Dennis Biederer konnten hier zwar den ersten Doppelsieg des Wochenendes für uns einfahren, Kirchmair folgte aber mit nur fünf Sekunden Abstand auf den siegreichen Moritz. Mit mir auf Rang fünf, ebenfalls nur zehn Se-kunden hinter dem Sieger, Ben Witt (15.) und Johannes König (21.) lagen drei weitere Fahrer in Schlagdistanz, was uns eine exzellente Ausgangsposition für den Samstag verschaffte.
Etappe 2: Dominante Vorstellung und eine folgenschwere Entscheidung
Für die zweite Etappe hatten wir uns vorgenommen, das Rennen von Beginn an zu kontrollieren und unsere Mannschaftstärke voll auszuspielen. Scharfrichter war der zweimal zu passierende Wartenberg, der nach etwa 40 und gut 80 Kilometern wartete und sich uns mit einer Rampe von einem Kilometer Länge und deutlich zweistelligen Steigungsprozenten in den Weg stellte. Die erste Rennstunde verlief dann auch in atemberaubendem Tempo, das vor allem von Ben und Jannis Wittrock bestimmt wurde. Leider verschätzte sich Ben an der Spitze in einer Kurve, wodurch Phil Peitzmeier und Lukas Klöckner geradeaus fuhren und in einer Hofeinfahrt „parkten“. Ihr Rennen war damit praktisch gelaufen, immerhin kam aber niemand zu Sturz. Angeführt von Joscha Weber ging es dann in die erste Rampe hinauf zum Wartenberg. Wie erwartet kam es hier zum ersten Kräftemessen und eine Gruppe von etwa zehn Mann hatte über die Kuppe ein kleines Loch, darunter Moritz, Dennis und Gastfahrer Jakob Keller in Celeste, aber auch Stefan Kirchmair. Mit noch über 70 zu fahrenden Kilometern wollte aber niemand das Tempo machen und zahlrei-che Fahrer schafften den Anschluss, darunter auch Johannes, Nils Kessler und ich, die auf der Kuppe in der zweiten Gruppe gewesen waren. Das niedrige Tempo lud natürlich zu Attacken ein und so folgte für einige Kilometer ein wildes Gespringe, an dessen Ende sich schließlich Ex-KT-Fahrer und Youtuber Richard Weinzheimer mit Florian Heidenwag vom Team Sebamed absetzen konnten. Etwas widerwillig übernahmen wir die Nachführarbeit durch Johannes, Nils und Jakob und bald darauf lief alles wieder zusammen.
Die Entscheidung sollte die zweite Überfahrt des Wartenbergs bringen. Leider hatte ich etwa zehn Kilometer vor der rennentscheidenden Stelle bemerkt, dass sich mein Hinterrad etwas zu komfortabel fuhr – wie sich später herausstellte, hatte ich einen Schleicher, der zwar dank Tubelesstechnologie abdichtete, aber nur noch 1,5 bar im Reifen hinterließ. Dazu bekam ich just in der Rampe Krämpfe und konnte mein Rennen dadurch praktisch abschreiben. Nicht so aber die anderen Jungs in der Gruppe. Trotz Führungsarbeit in der Ebene sprangen Johannes und Jakob mit, als sich unten am Wartenberg die entscheidende Gruppe löste. Ebenfalls mit von der Partie waren Dennis und Moritz und natürlich Stefan Kirchmair. Auf der Kuppe des Anstiegs hatte Kirchmair ein kleines Loch vor Moritz und Dennis, direkt dahinter folgten Johannes und Jakob. Eigentlich die perfekte Situation, um Kirchmair mit einem kleinen Loch fahren zu lassen, zu viert zu kontrollieren und später abwechselnd zu attackieren. Allerdings unterschätzten die vier Kirchmair vollkommen. Anstatt alleine zu verhungern, fuhr Kirchmair auf den letzten 40 Kilometern alleine gegen vier Mann fast zwei Minuten heraus – eine bärenstarke Leistung und eine überlegene Vorstellung, die man neidlos anerkennen muss. Im Ziel standen damit die Plätze zwei bis fünf und im Gesamtklas-sement ein Rückstand von annähernd zwei Minuten für Moritz und Dennis.
Etappe 3: Abteilung Attacke Dementsprechend mussten wir am Sonntag möglichst aggressiv fahren, um irgendwie einen kaum aufzuholenden Rückstand wettzumachen. Also attackierten wir praktisch vom Start weg immer und immer wieder, in der Hoffnung, dass irgendwann eine Gruppe mit entweder Dennis oder Moritz zustande käme, die möglichst viel vom Rückstand auf Kirchmair aufholen würde. Die erste Dreivier-telstunde war dann auch ein ständiges Hin und Her von Attacken und kurzer Beruhigung. In wechselnden Zweierteams traten wir ein ums andere Mal an und nach 35 Kilometern erwischte ich mit Dennis am Hinterrad den goldenen Moment: Kirchmair sprang beim Antritt nicht mit und konnte die Lücke auch nicht schließen. Mit Calvin Schneider aus der Schweiz und dem Belgier Anthony Spysschaert gesellten sich noch zwei Fluchtkollegen hinzu, sodass wir genau die gewünschte Konstellation hergestellt hatten. Unser Quartett konnte sich schnell eine halbe Minute herausfah-ren. Im Feld kehrte Ruhe ein und unsere Teamkollegen hefteten sich bei Kirchmair ans Hinterrad, als dieser die Nachführarbeit aufnahm. Der Vorsprung wuchs dreißig Kilometer vor dem Ziel auf eine Minute an und plötzlich schien das Unmögliche in den Bereich des Machbaren zu rücken. Allerdings erhielt Stefan Kirchmair nun doch Unterstützung bei der Verfolgung und bei noch zehn zu fahrenden Kilometern zeigte uns das Begleitmotorrad nur noch einen Abstand von 50 Sekun-den. Damit war der Gesamtsieg endgültig außer Reichweite und Dennis und ich schwenkten auf Etappensieg um. Auf der Kuppe der Hirschhalde drei Kilometer vor dem Ziel setzte Dennis die erste Attacke, aber Calvin Schneider war sofort zur Stelle und sprang an Dennis‘ Hinterrad. Anthony Spysschaert und ich rollten wieder heran und angeführt von Calvin Schneider ging es auf den letzten Kilometer. Das Tempo war allerdings komplett eingeschlafen und ein Blick zurück offenbarte, dass auch das Hauptfeld schon gefährlich nahekam. Beim 300-Meter-Schild nahm ich mir aus letzter Position ein Herz und eröffnete meinen Sprint. Schnell konnte ich eine Lücke öff-nen und durfte schon 50 Meter vor dem Ziel mit dem Jubeln anfangen. Dennis sicherte sich Rang zwei, vor Calvin und Anthony. Praktisch zeitgleich rauschte das Feld heran, aus dem heraus Ja-kob und Moritz noch auf auf die Plätze 12 und 15 fuhren.
Damit konnten wir zwar nichts mehr an Kirchmairs Gesamtsieg ändern, aber immerhin einen zwei-ten Tagessieg sichern und uns mit einer aktiven Fahrweise für den insgesamt nicht zufriedenstel-lenden Samstag revanchieren, an dem wir zwar vieles richtig gemacht, aber im entscheidenden Moment die falsche Entscheidung getroffen hatten. Immerhin sprangen die Gesamtränge zwei und drei und zahlreiche weitere Podien in den Altersklassenwertungen heraus – unter anderem durch unseren erst 19-jährigen Gastfahrer Jakob in der Männerklasse und den doppelt so alten Joscha Weber bei den Masters 2. Hinzu kam ein starker und geschlossener Auftritt als stärkstes Team beim Riderman. Die Ausbeute kann sich also sehen lassen, auch wenn es mit dem Ge-samtsieg nach den Jahren der Wyss-Dominanz wieder nichts geworden ist.
Saison 2024: Viele Siege, gute Stimmung
Ein wiederum sehr erfolgreiches Radsportjahr neigt sich damit zumindest auf der Straße dem En-de entgegen. Wir durften wieder viele Siege bejubeln und haben auf und abseits der Rennstrecke viel Spaß miteinander gehabt. Jetzt heißt es, über den Winter physisch und psychisch aufzutan-ken und dann im kommenden Frühjahr wieder anzugreifen.